Kreis Kleve. Durch ein Praktikum entdeckten Martin Köster, Niclas Winterhoff und Mathis Ingenhaag wie spannend die Geschichte ihrer Stadt ist. Im Stadtarchiv gehen die drei jungen Männer regelmäßig auf Spurensuche nach ihren Vorfahren. Von Bianca Mokwa

Zwischen Kronleuchtern und Bücherregalen verbringt Niclas Winterhoff oft seine Freizeit. Bis zu vier Stunden am Tag ist er in den Ferien im Gelderner Stadtarchiv anzutreffen und greift Johannes Patyk bei seiner Arbeit im Archiv unter die Arme. Angefangen hat alles mit einem Schulpraktikum im Januar 2013. Die Arbeit gefiel dem 19-jährigen Niclas so gut, dass er immer wieder kam. Zu seinen Aufgaben gehört das Digitalisieren des Archivmaterials. Das sind zum Beispiel die Personenstandsbücher, in denen das Geburts- und Sterbedatum Gelderner Bürger aufgeschrieben ist. Es sind Daten, die besonders für Ahnenforscher interessant sind. Um die alten Bücher zu schonen, fotografiert Niclas die Seiten der Bücher ab und legt die Daten auf einer Festplatte ab. "Die Arbeit an sich ist monoton", sagt der 19-Jährige. "Aber spannend wird es, wenn ich mir die Seiten mal durchlese." Dann werden plötzlich Verknüpfungen zwischen den einzelnen Familien deutlich und er kann in die Geschichte seiner Stadt abtauchen. Weil er dort persönliche Dinge liest, ist er sogar vor seiner Arbeit im Archiv vereidigt worden.

In der Schule allerdings gehört Geschichte nicht zu seinen Lieblingsfächern. "Da wird fast nur noch über den Ersten und Zweiten Weltkrieg gesprochen und die Zeit danach. Das ist nicht so meins", sagt der Abiturient. Viel mehr interessiert ihn die Zeit davor, weit davor.

Mathis Ingenhaag ist dabei sein Interesse fürs Archiv zum Beruf zu machen. Der 20-Jährige aus Kapellen macht eine Ausbildung im gehobenen Archivdienst.

Angefangen hat er, wie Niclas, als Praktikant im Gelderner Stadtarchiv. Als erstes räumt er mit einem alten Vorurteil auf. "Bücher bitte gar nicht erwähnen. Bücher, damit haben Bibliothekare zu tun. Wir Archivare sind für Akten zuständig." Weil eine Station seiner Ausbildung auch das Bundesarchiv ist, begegnet er dort auch Unterlagen, die Angela Merkel in der Hand hatte. "Das ganze Schriftgut vom Bundeskanzleramt kommt zu uns", erklärt der angehende Archivar. Um die Archivarslaufbahn einzuschlagen, hatte er sich er sich beim Bund und beim Land beworben. Auf die Idee hatte ihn Stefan Frankewitz, der mittlerweile verstorbene Archivar der Stadt Geldern, gebracht.

Weil der Bund zuerst antwortete, macht er dort seine Ausbildung, die zur Hälfte aus Praxis und Lernen an der Fachhochschule für Archivwissenschaft in Marburg besteht. Vier Monate hat er bereits in Berlin im Bundesarchiv verbracht, den anderen Praxisteil hat er in der Hauptdienststelle in Koblenz absolviert. "Wenn man von der Wohnungssuche mal absieht", blickt Mathis zurück, "vier Monate im Sommer in Berlin, das hatte was." Während seiner Ausbildung ist der gebürtige Kapellener Beamter auf Widerruf. Eine andere Möglichkeit wäre ein reines Studium gewesen. "In Potsdam kann man seinen Bachelor und Master in Archivwissenschaften machen", nennt er eine Alternative. Aber die duale Ausbildung mit Besuch der Fachhochschule in Marburg hat eben auch ihre Vorzüge und vor allem den Praxisbezug.

Für ein anderes Studium hat sich Martin Köster entschieden. Der 20-Jährige kommt ursprünglich aus Straelen und studiert in Esslingen Chemieingenieurwesen.

Auch er war schon Praktikant im Gelderner Stadtarchiv. Seine Aufgabe bestand unter anderem darin, Wappenkarten zu sortieren. Hört sich langweilig an? "Es ist interessant, wie sich die Wappen fortgebildet haben, etwa durch Heirat", sagt aber Martin. Außerdem hat er die Zeit des Schulpraktikums genutzt, um einen eigenen Familienstammbaum zu erstellen.

Dem Stadtarchiv fühlt er sich immer noch verbunden, auch wenn er nicht mehr jeden Tag dort ist. Der 20-Jährige ist im Vorstand vom Mespilus. Das ist die Gesellschaft, die sich um die Förderung des Gelderner Stadtarchivs kümmert. Martin unterstützt die Arbeit praktisch, indem er sich um die Mitgliederverwaltung kümmert. Die Mitglieder unterstützen das Stadtarchiv auch finanziell.

"Ich finde es wichtig, dass das Stadtarchiv bestimmte Mittel hat, um die Digitalisierung und Sicherung von Daten durchzuführen. Ansonsten würden die Daten verloren gehen", erklärt der Student. Dann würden viele Familienforscher nicht mehr viel über ihre Abstammung erfahren und auch die vielen spannenden Geschichten, die sich rund um die Fakten ranken, wären für immer ausgelöscht. Damit das nicht passiert, wird Niclas auch weiterhin in seiner Freizeit Seiten abfotografieren und auf Festplatten packen.

Und mit Sicherheit begegnet ihm noch manche geheimnisvolle Geschichte.

Quelle: RP - 12.01.2015 -

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