XXL-Abbild der Ahauser Bevölkerung entsteht / Alle Ahauser Familien an einem Ort – zwar nur virtuell, ... 
 
Alfons Nubbenholt an seinem Schreibtisch: Hier kümmert er sich um Jahrhunderte Ahauser Familiengeschichte. FOTO MAREK NEPPL
 
... doch Alfons Nubbenholt macht es möglich. In Ahaus ist seine Arbeit jedoch komplexer als anderswo.
 
Alles hat irgendwann einmal Saison, seien es nun bestimmte Lebensmittel, Deko-Artikel oder sportliche Aktivitäten. Und offenbar gibt es auch die Familienforschungs-Saison. Alfons Nubbenholt aus Ahaus zufolge beginnt sie in diesen Wochen. „Gerade im November, wenn zum Beispiel der Totensonntag ansteht, beschäftigen sich viele Menschen intensiver mit ihrer Familie als sonst“, sagt er.
 
Gut, dass diese Menschen inzwischen auch in Ahaus eine Anlaufstelle haben, eben bei Nubbenholt. Seit mehr als zwanzig Jahren betreibt er Familienforschung, unter anderem in seiner „alten Heimat“ Borken und in der Gemeinde Heek. Seit 2016 ist die „Familienforschungsgruppe Ahaus“ mit inzwischen sechs Mitgliedern aktiv und arbeitet am sogenannten Ortsfamilienbuch, das, so Nubbenholts Worte, ein „komplettes Abbild der Ahauser Bevölkerung“ sein soll.
 
Ahnenforschung mit einem Klick – denn bereits jetzt liegt eine riesige Nachnamen-Datenbank digital (unter www.online-ofb.de/ahaus) vor, mit Informationen über Eheschließungen, Geburten, Berufe, Todesfälle und mehr.
Daten seit dem Jahr 1609 verarbeiten Nubbenholt und seine Mitstreiter in ihrem Projekt, das vor allem seit 2020 und damit in der Corona-Zeit Fahrt aufgenommen hat.
 
Allein das ist ein riesiger Aufwand. Und die Stadt Ahaus hat es den Forschern zusätzlich nicht leicht gemacht. „In Ahaus ist die Familienforschung nochmal deutlich anspruchsvoller als woanders, beispielsweise in Heek“, erklärt Nubbenholt. „Es gab ja mehrere Brände in der Stadt, unter anderem den großen im Jahr 1863, wo bis auf das Schloss und vielleicht zwei, drei Häuser alles niedergebrannt ist.“
Wichtige Kirchenbücher seien damals verbrannt und sind damit unwiederbringlich verloren, zentrale Quellen der Ahnenforschung versiegt. Schließlich waren die Kirchen es, die Hochzeiten und Taufen (und somit die Geburten) registrierten.
„Wiederherstellen lässt sich davon natürlich nichts“, weiß Nubbenholt, der somit auf alternative Quellen aus den betreffenden Zeiten zurückgreifen muss. „Es gibt Häuserregister, in denen Zuzug und Wegzug dokumentiert sind, damit wurde so um 1820 begonnen. Dazu Listen aus Steuerschätzungen oder über Menschen, die zu einer bestimmten Zeit zum Militär eingezogen wurden.“
 
Auch Kopien von Kirchenbüchern, die es ins Personenstandsarchiv nach Detmold, also zu einer staatlichen Stelle geschafft haben, sind eine Hilfe. „So konnten wir die Lücken zwischen 1815 und 1825 sowie zwischen 1864 und 1874 schließen.“ Erst ab letztgenanntem Jahr liegen standesamtliche Daten vor, die dann auch Auskunft über protestantische oder jüdische Bewohner der Stadt Ahaus geben.
„Die amtlichen Dokumente sind immer der erste Schritt“, erklärt Nubbenholt. Danach kommen auch die Menschen ins Spiel, die privat schon seit längerer Zeit Ahnenforschung betreiben. „Sie führen dann schon selbst Familienbücher oder haben Stammbäume erstellt. Für das Ortsfamilienbuch können wir das dann zusammenführen.“
 
Kuriosum in den Niederlanden
Apropos Stammbäume: Diese sind in Ahaus schon seit langer Zeit deutlich vielfältiger als in manch anderer Gemeinde im Westmünsterland, was die Familienforschung zusätzlich anspruchsvoller macht. „In Heek ist lange vieles innerhalb der Gemeinde geblieben, da gab es vor allem Bauern und sonst nicht viel. Das ist in Ahaus allein durch das Schloss ganz anders“, weiß der Hobbyforscher. „Zuerst gab es da ja die Herren von Ahaus“, führt er weiter aus. „Dann war es die Sommerresidenz des Fürstbischofs von Münster. Da kamen viele Beamte, also ganz früh schon Fremde nach Ahaus.“ Später sorgte die Errichtung der Tabakfabrik der Familie Oldenkott für eine Durchmischung der Bevölkerung. „Da wurden viele Niederländer rekrutiert, die dann hier eingeheiratet haben. Die Familiennamen gibt es heute noch“, zeigt Nubbenholt auf.
 
Mit den Niederlanden hat auch Nubbenholts laut eigener Aussage kuriosestes Erlebnis im Zusammenhang mit der Ahauser Familienforschung zu tun: „Ich habe eine Anfrage in die Niederlande wegen einer Familie geschickt. Da kam dann die verwunderte Antwort ‚Warum fragen Sie danach?‘. Es stellte sich heraus, dass dort die letzten Mitglieder dieser Familie verstorben waren, es aber noch ein Erbe gab. Da habe ich dann noch den Kontakt nach Deutschland vermittelt.“
An dieser Stelle ende seine Arbeit dann aber auch, betont Nubbenholt, der lange als Verpackungsentwickler arbeitete, mittlerweile aber Rentner ist. „Man muss auch aufpassen, dass man nicht zu verbissen wird“, sagt er.
Anstatt irgendwelchen Spuren zu folgen, die möglicherweise ins Nichts führen, nutze er lieber die amtlichen Bücher, die aufgrund der bestehenden Sperrfristen jedes Jahr Neues bieten.
 
Bis zu sechs Stunden täglich
Bei Geburten werden die jeweiligen Daten nämlich immer erst nach 110 Jahren frei, bei Ehen nach 80 Jahren und bei Sterbefällen nach 30 Jahren. „Ab Januar kommen die neuen Bücher. Dann setzt es sich nach und nach zusammen – das ist spannend wie ein Krimi“, freut sich Nubbenholt bereits jetzt.
Fünf bis sechs Stunden täglich investiere er in die Familienforschung, sagt Nubbenholt. „Das ist schon ein enormes Pensum.“ Neben der Arbeit am digitalen Ortsfamilienbuch kämen unter anderem noch Veranstaltungen an der Volkshochschule hinzu, wo viele Kontakte entstünden.
Wichtig sei schließlich, dass die Ergebnisse seiner Arbeit dauerhaft gesichert würden. „Falls mir mal was passieren sollte, geht nichts verloren“, sagt Nubbenholt beruhigt. Ansonsten könne er sich aber vorstellen, die Familienforschung noch viele Jahre lang zu betreiben. Die Arbeit geht schließlich nicht aus.
 
 
Münsterland Zeitung / Ahaus / 28. Oktober 2023

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