Mit Familienforschung der eigenen Geschichte auf der Spur
Wo liegen meine Wurzeln?“ Diese Frage stellt sich wohl jeder Mensch irgendwann. Jetzt im Lockdown ist Zeit, sich mit der eigenen Geschichte zu befassen und Familienforschung zu betreiben.
Hobby-Genealogin Ulla Abbing katalogisiert ihre Forschungsergebnisse in ihrem Laptop.© Anna-Lena Haget
 
Während den meisten die Familiengeschichte ihrer Eltern und Großeltern noch vertraut ist, liegen die Generationen davor oft im Nebel der Geschichte verborgen. Auf Dachböden, in Kellern und Schubladen verbergen sich häufig Teile der Lösung des Rätsels in Form von Stammbüchern, alten Fotos oder alten Schriftstücken.
Die allerwichtigsten ersten Anhaltspunkte aber, wie Genealogin Ulla Abbing weiß, liefert die eigene Verwandtschaft. Jeder, der ganz am Anfang seiner Forschungen steht, sollte sich zuerst die Zeit nehmen, mit älteren Familienmitgliedern zu sprechen. Oft kann die ältere Generation entscheidende Hinweise geben, die die Vergangenheit betreffen.
 
Unterlagen von 1836
Für Ulla Abbing, die sich selbst als spätberufene Hobbyforscherin bezeichnet, startete ihre Leidenschaft für Genealogie mit so einem Gespräch. „Ich war Ende der 1990er-Jahre zufällig in meinem Elternhaus, als meine Eltern dort alte Papiere aufgeräumt hatten und diese geschreddert werden sollten. Da kam die Frage von meiner Mutter, ob ich noch etwas davon gebrauchen könne“, erinnert sie sich. Nach einer kurzen Sichtung durfte sie einige Unterlagen mitnehmen.
Teilweise handelte es sich dabei lediglich um Fragmente. Einige Jahre lagen die Sachen unbeachtet in einer Schublade, bis Ulla Abbing beschloss, die fragilen Papiere näher zu untersuchen. „Es waren unter anderem noch alte Dokumente meiner Vorfahren aus dem Jahr 1836 dabei, von der Landwehr-Brigade“, erklärt sie.
Ein alter Pachtvertrag: Die Schrift ist für den Laien nahezu unleserlich. © privat
 
Wer keine solchen historischen Dokumente sein eigen nennen darf, kann auch erst einmal klein anfangen: Mit den Geburts- und Sterbedaten von Eltern und Großeltern sowie deren Geburts- und späteren Wohnorten. Hier leistet ein Familienstammbuch gute Dienste. Dort sind oft auch die Namen der Urgroßeltern eingetragen, die weitere Hinweise geben.
„Jüngere Daten stehen unter Datenschutz, aber wenn man die Großeltern hat, kann man das anhand von Kirchenbüchern nachverfolgen“, sagt Ulla Abbing. Geburtsurkunden von Standesämtern und Kirchenbücher bleiben aus Datenschutzgründen für 110 Jahre gesperrt, Heiratsurkunden 80 Jahre und Sterbeurkunden 30 Jahre.
 
Recherche im Internet
Internetseiten wie „Matricula online“ beinhalten zahlreiche digitale Kopien von älteren katholischen Kirchenbüchern aus vielen deutschen und europäischen Bistümern. Für evangelische Kirchenbücher gibt es die kostenpflichtige Webseite „Archion“.
Die Inhalte werden stetig ergänzt. Teilbestände von Personenstandsakten lassen sich digital auch auf der Internetseite des Landesarchivs NRW durchsuchen. Von anderen bezahlpflichtigen Angeboten wie „Ancestry“ und „Myheritage“ hält Ulla Abbing nicht ganz so viel. Die Angebote dort seien mit Vorsicht zu genießen, da sie oft mit Flüchtigkeitsfehlern behaftet seien.
Diese Textfragmente sind in Ulla Abbings Besitz. © Anna-Lena Haget
 
Oft ist es auch möglich, Archive persönlich zu besuchen und deren Bestände zu durchsuchen. So etwa im Landesarchiv NRW, das Zweigstellen in Münster, Detmold und Duisburg hat. Hier ist es allerdings ratsam, sich vor einem Besuch im Internet genau über die Bestände zu informieren und die Akten vorzubestellen, in die man hineinschauen möchte.
Auch Städte und Gemeinden verfügen in der Regel über eigene Archive, in denen historische Akten aufbewahrt werden und in die man entweder selbst Einsicht nehmen darf oder Archivmitarbeiter suchen die gewünschten Materialien, oft gegen eine Gebühr, als Kopie heraus.
 
Problem: Unleserliche Handschriften
Je weiter der Weg in die Vergangenheit zurückführt, desto mehr Probleme können sich jedoch auftun. In Ulla Abbings Besitz befinden sich Dokumente, die in für heutige Verhältnisse absolut unleserlicher Handschrift verfasst sind. Für die Forscherin kein Problem: Sie hat viel geübt und unter anderem einen Kurs mitgemacht, bei dem sie sich mit alten Handschriften wie Sütterlin, Deutscher Currentschrift und ähnlichem befasst hat.
Genealogische Gesellschaften oder Volkshochschulen bieten hin und wieder solche Kurse an. Eine unschätzbare Hilfe und ein faszinierendes Hobby für sich. Mittlerweile ist die Ottensteinerin in ihrer Fachgruppe die Expertin für Übersetzungen und wird oft bei schwierigen Dokumenten herangezogen.
Ein altes Stammbuch gibt Auskunft über frühere Generationen. © privat
 
Doch wie lassen sich die einmal ergründeten Daten am besten katalogisieren? Ulla Abbing hat da ihr ganz eigenes System. Sie hat zahlreiche Datenblätter zu einzelnen Personen angelegt, wenn möglich auch mit Fotos.
„Ich habe natürlich alles auf meinem Rechner. Die betroffene Person mit Eltern, Trauzeugen, Partner und wenn es auch noch Kinder gab oder einen neuen Partner, werden die auch noch mit aufgenommen“, erklärt die Hobby-Genealogin.
 
Kein Gesicht geht verloren
Außerdem scannt sie alte Gruppenfotos und versieht die Personen auf den Bildern mit Nummern, die an die entsprechenden Namen gekoppelt sind. So wird sichergestellt, dass kein Gesicht zu einem Namen verlorengeht.
Neben einem Computer ist die Investition in einen guten Scanner und einen Drucker also empfehlenswert, will man die Ahnenforschung nachhaltig betreiben. Auch müssen die Daten regelmäßig gesichert werden, um sie vor Verlust zu schützen.
Auf dem Schulfoto ist Ulla Abbing selbst zu sehen. Sie kniet ganz rechts in der vordersten Reihe. © Anna-Lena Haget
 
Eine Hilfe bei der Suche können auch örtliche Heimat- und Altertumsvereine sein. Die Heimatpfleger sind oft im Besitz von alten Totenzetteln und Todesanzeigen sowie Nachlässen in Form von Hofarchiven oder Stammbüchern. Ulla Abbing selbst hat sich inzwischen der Fachgruppe Genealogie des Heimatvereins in ihrem Heimatort angeschlossen.
Die so geknüpften Kontakte haben ihr schon so manches Mal weitergeholfen, wie sie versichert. „Wir helfen uns eigentlich alle gegenseitig. Wenn ich mal eine Frage habe, melde ich mich bei anderen Familienforschern und umgekehrt“, sagt sie. Die Geschichte ihrer eigenen Sippe, der Familie Laing, kann sie inzwischen übrigens bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen.
 
Stark machen für die Geschichte
„Meine Erkenntnis ist, wäre ich doch schon etwas früher mit der Forschung angefangen, dann hätte man noch einiges mehr hinterlegen können für unsere Nachwelt. Dabei habe ich noch feststellen können, dass es in fast jedem Familienstamm wenigstens eine Person gibt, die sich für die Geschichte der Familie stark gemacht hat, sodass sie für die Nachkommen erhalten und auch weitergegeben werden kann“, so Ulla Abbing.
Genealogie ist mitunter spannend wie ein Krimi und hat das Zeug, zur Sucht zu werden, wenn man einmal damit angefangen hat. „Da gehen Wochen und Monate mit vorbei“, sagt die Familienforscherin, „aber man muss das Ganze auch mal weglegen“.
 
Externer Link  Münsterland Zeitung  10.01.2021 von Anna-Lena Haget
 
 

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