Havixbeck - „Füreinander - Miteinander“ bietet Sütterlin-Kursus für Jung und Alt an / Schreiben und lesen
Wer kann heute noch alte Dokumente lesen, die in Sütterlin oder verwandten Schriften verfasst wurden? Sicherlich die wenigsten, und im normalen Alltag sind diese Kenntnisse auch kaum gefragt. Spannend wird es aber, wenn man alte Hofschriften und Urkunden auf dem Dachboden entdeckt. Und wenn man die Konfirmationsbriefe der Vorfahren oder die Verse in Großmutters Poesiealbum doch gerne lesen möchte.Der Verein „Netzwerke Füreinander-Miteinander“ bietet einen Kursus „Sütterlin - schreiben und lesen lernen“ an. Dieser startet am 22. April (Mittwoch) und findet 14-täglich von 15 bis 16.30 Uhr im Haus Sudhues statt. Fachkundige Lehrerin wird die Pädagogin und Künstlerin Julia Koch-Suwelack sein. Sütterlin ist die Schrift Goethes und Schillers“, weiß die Lehrerin. Sie selbst hat natürlich in der Schule Sütterlin schreiben gelernt und kann auch sofort zwei schöne Aufsatzhefte aus den Jahren 1932 und 1933 vorzeigen.
Auch jüngere Menschen interessieren sich für alte Schriften. Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Alt begegnet Jung“ von Ulla Homfeld an der Anne-Frank-Gesamtschule hat Julia Koch-Suwelack die Schüler mit der Sütterlin-Schrift vertraut gemacht. „Die Großmutterschrift“ war der Kurs betitelt. „Und die Schüler waren begeistert“, erzählt die Kursleiterin. Nicht weniger begeistert waren deren Großeltern: „Endlich können die Kinder meine Schrift lesen“, lautete die Reaktion.
Auf dem Dachboden ihrer Eltern fand Julia Koch-Suwelack viele Kartons mit Geschichten ihrer Tante. Diese hatte zehn Kinder und schrieb in ihrer freien Zeit gerne Krimis. Julia Koch-Suwelack entzifferte die alte Schrift und brachte das Buch „Streusand auf alten Schriften“ heraus. Den Einband ziert eine Seite mit der Originalschrift ihrer Tante.
Ein weiterer Experte und Mitstreiter wird Ludger Klan sein. Er hat Sütterlin in der Schule gelernt und kennt alte deutsche Schriften auch aus den Urkunden seiner Eltern.
Wer Archivarbeit oder Familienforschung betreibt, kommt alleine mit der lateinischen Schrift nicht weiter. Das weiß auch Museumsleiter Dr. Joachim Eichler. Der Historiker verwaltet das Gemeindearchiv, und die Unterlagen sind fast alle in alten deutschen Schriften verfasst. „Wenn man sich nun erst einmal eingearbeitet hat, ist das Lesen eigentlich nicht mehr so ein großes Problem, wenn nicht manche Zeitgenossen eine höchst eigenwillige Handschrift gehabt hätten. Ein Beispiel ist der Amtmann Zurmühlen, dessen Handschrift extrem gewöhnungsbedürftig ist“, weiß Dr. Eichler. Auf vielen Höfen sind historische Dokumente hinterlassen worden. Ein Familienbuch aus den 1820er-Jahren eines Havixbecker Hofes erzählt von Geburten, Taufen, dem Werdegang der Menschen bis zum Tod. Nur ist längst nicht mehr sichergestellt, dass die Erben die interessanten Zeugnisse auch noch lesen können.
Nicht nur ernsthafte Lektüre gilt es zu entziffern. Ein Kochbuch aus Haus Stapel zeigt sehr lebendig, wie zu früheren Zeiten gekocht wurde. Man muss es allerdings entziffern können! Wer Interesse hat, an dem Kursus teilzunehmen, kann sich bei Füreinander - Miteinander, ' 01577/4255947, anmelden.
VON Dorothee Harbers, Havixbeck
Quelle: Westfälische Nachrichten, 14.04.2009, Ausgabe Kreis Coesfeld