(Von Miriam Hampp) Mindelheim - Mit Goethe verwandt? Kann alles sein! Dr. Bernd Michael Linker aus Mindelheim hat bei seinen Forschungen über seine Ahnen entdeckt, dass Goethe über viele Ecken zu seiner Familie gehört.
Dazu muss gesagt sein, dass Linker schon lange und mit vollem Tatendrang auf Spurensuche ist. Da kam es schon mal vor, dass er auf einen Kirchturm steigen musste, um dort den Namen eines Vorfahren an einer Glocke zu finden. "Es macht immer wieder Freude, wenn man etwas Neues findet", erzählt Linker lächelnd. Immer mehr Mindelheimer erliegen dem Reiz der eigenen Vergangenheit. Allein im ersten Halbjahr 2008 hatte Stadtarchivar Dr. Andreas Steigerwald 75 "familiengeschichtliche Anfragen" zu bewältigen. Tendenz: weiter steigend. In der Folge erhöhte die Stadt die Gebühren für Archivnutzer (MZ berichtete).
Bernd Michael Linker beschäftigt sich schon seit 1989 mit seiner Familiengeschichte. Angefangen hat alles, als er die Papiere seiner Eltern in die Hand bekam. "Dann hat es mich einfach interessiert, wie weit ich die Geschichte zurückverfolgen kann", erzählt der Historiker. Mit seinen Nachforschungen hat er in den darauf folgenden 15 Jahren immer noch mehr erfahren. Bis 1460 konnte er die Geschichte lückenlos rekonstruieren. Und da er sich nicht nur mit der reinen Genealogie (= Ahnenforschung) beschäftigt hat, hat er im Lauf der Zeit genug erfahren, um drei Bände mit seiner Familiengeschichte zu füllen. Darin sind Fotografien von Zufallsfunden, wie Wappen, Inschriften in Glocken oder an Hauswänden und alten Grabsteinen, Geschichten und Briefe seiner Vorfahren und alle Arten von Dokumenten, die er bei seinen Forschungen gefunden hat.
Dafür hat der Historiker viel getan. Er musste sich durch etliche Archive in Deutschland kämpfen. "Sogar bis in die Tschechei bin ich gefahren", erzählt Dr. Linker. Sein Vorfahre Graf Lüncker hatte durch Zufall seinen Wohnsitz in Südböhmen. Deswegen war dort ein Familienarchiv. Das Problem war jedoch, dass die Namen in den Findbüchern auf Tschechisch übersetzt waren. Da war es eine ganz schöne Arbeit die richtigen Urkunden zu finden.
"Ich hatte Glück, dass meine Ahnen viele öffentliche Ämter innehatten, so haben sie Spuren mit Akten und Urkunden hinterlassen und sind leichter zu finden", erzählt der Forscher, der 15 Generationen zurückverfolgen konnte, was ganz und gar nicht alltäglich ist. "Die meisten sind froh, wenn sie Spuren bis 1700 finden." Durch den Zweiten Weltkrieg wurde etliches zerbombt und auch schon im Siebenjährigen Krieg haben viele Dokumente nicht überlebt. Akten zu finden, die älter als der 30-jährige Krieg sind, ist schwierig. "Davor haben die meisten nicht mal ihre Familiennamen benutzt", weiß Linker. Da konnte es dann sein, dass einer Hans aus Weilbach hieß.
Auch das Lesen und Verstehen der Akten, Dokumente oder Briefe kann man nicht mit dem Schmökern in einem modernen Roman vergleichen. Die Quellen stehen immer noch in der alten Schrift und die Namen haben sich mit der Zeit gewandelt. Um das zu verstehen, muss man sich in die Materie einarbeiten und die alte Schrift lesen können.
Es kann vorkommen, dass Linker bis zu zehn Stunden in einem Archiv sitzt, um Dokumente durchzuschauen. "Man sollte wissen, wie ein Archiv aufgebaut ist, um sich darin zurechtzufinden, denn sonst muss man sich bei Such- und Findbüchern durchrangeln", erklärt der Historiker. Er forscht auch für andere, die etwas über ihre Herkunft erfahren wollen, in der Vergangenheit nach. "Ich konnte einer Dame mal ihre Schulnoten von früher aufzählen", erzählt er lachend. Ziemlich zeitaufwendig und teuer ist das Nachforschen und Reisen. In Mindelheim ist es vor allem ganz schön anstrengend, den siebten Stock des Stadtarchivs im Unteren Tor zu erklimmen. Viele andere Archive sind jedoch auf einer Ebene. Linker ist immer mit viel Freude dabei. "Wenn es Spaß macht, ist es keine Arbeit mehr."
Augsburger Allgemeine Zeitung, Artikel vom 20.07.2008