„Vreden fühlt sich wie Heimat an“'
Ein US-Amerikaner in der Heimat seiner Vorfahren: William Terworts Vorfahre ist vor mehr als hundert Jahren in die USA ausgewandert. Jetzt kommt er zurück.

Der US-Amerikaner William Terwort (rechts) ist gemeinsam mit seinem Cousin vierten Grades (Johannes Terwort) auf den Spuren seiner Vorfahren in Vreden unterwegs. © Luca Bramhoff

 

Im blau-gelben Vreden-Trikot steht William Terwort auf dem Marktplatz direkt vor dem alten Rathaus und fällt kaum weiter auf. Ob er gerade auf dem Weg zu einem Spiel der Spielvereinigung Vreden ist? Oder trägt er seine Vereinsfarben beim täglichen Einkauf einfach gerne auf der Brust? Erst wenn man ihn fragt, was von beidem der Fall ist, fällt auf: William Terwort spricht nur gebrochen Deutsch.

Denn aus Vredener kommt er nicht, sondern aus Covington in Kentucky – eine Stadt in der Nähe von Cincinnati in den Vereinigten Staaten von Amerika. Nun ist der US-Amerikaner auf Spurensuche. Auf der Suche nach der Geschichte seiner Vorfahren im westlichen Münsterland. Eine Reise, auf die er sich schon lange gefreut hat und die ihn zutiefst bewegt. „Ich lerne nicht nur meine Familie, sondern auch mich immer besser kennen“, so der Hobby-Ahnenforscher.

Aber eins nach dem Anderen. William Terworts Interesse an seiner Familiengeschichte beginnt bereits vor mehreren Jahrzehnten. In den 1990er-Jahren hatte er begonnen, seinen Familienstammbaum zu vervollständigen. „Ich wollte so weit wie möglich in die Vergangenheit zurückgehen“, erklärt der US-Amerikaner mit leuchtenden Augen und einem typisch amerikanischen Akzent. „Und das habe ich auch geschafft.“ Bis ins Jahr 1690 könne er lückenlos nachvollziehen, wer seine Vorfahren waren und wo sie lebten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts verschlug es einen seiner Vorfahren von Vreden in die USA aus.

Bei seiner Recherche traf er schnell auf einen fernen Verwandten dieses Aussiedlers: Johannes Terwort – ein waschechter Vredener. Durch einen ersten Brief des Amerikaners nahmen die beiden langfristig Kontakt auf und tauschten ihr Wissen über ihre Familie aus. Hans, wie William Terwort seinen Cousin vierten Grades gerne nennt, war erstaunt, über die vielen Terworts, die heutzutage in den USA leben. Doch nicht nur dieser Name ist den Staaten erhalten geblieben, sondern auch zahlreiche andere Namen.

In Cincinnati gebe es neben den Terworts auch Pennekamps, Deckerings, Leferings, Tenhündfelds und viele mehr. „Das ist wie Vreden zwei dahinten“, fügt Johannes Terwort erstaunt hinzu. Und damit übertreibt er nicht. Denn die Vredener Familien, die im 19. Jahrhundert über den großen Teich nach New Orleans kamen, um dann nach Cincinnati zu reisen, haben auch ihre Kultur mitgebracht. Nicht nur sprechen die Menschen dort oft noch brüchig Deutsch, sondern sie feiern auch Schützenfest. „Und das wird sogar vom Kolping organisiert“, so William Terwort.

Doch „Vreden 2“ ist eben nicht das Original. Und so wuchs in dem amerikanischen Hobby-Historiker nach und nach der Wunsch, einmal selbst eine Reise in die Stadt nahe der holländischen Grenze zu wagen. Anlässlich seines 50. Geburtstages habe er sich dann selbst ein Geschenk gemacht und eine zweiwöchige Tour geplant, allerdings ohne seine Familie. „Ich reise, wie mein Vorfahr allein“, beschreibt Terwort seine Reise.

Ganz allein muss er sich trotzdem nicht in Vreden zurechtfinden. Johannes Terwort war gleich Feuer und Flamme, als er hörte, dass sein Verwandter ihn in Vreden besuchen würde. „Vor zwei Monaten habe ich angefangen, eine Tour für ihn zu planen“, berichtet der 69-Jährige. Zu dieser Tour sollten nicht nur das Auswanderermuseum in Bremerhaven und ein Ausflug nach Amsterdam zählen, sondern auch viele Adressen in Vreden, Stadtlohn und Alstätte, an denen die Familie der beiden einst gelebt hatte.

 

Selbst in Winterswijk fand William Terwort Hinweise auf seinen Familiennamen.© privat

 

Ganz besonders interessiere sich William Terwort für die Kirchen in den Orten. Am Sonntag nach seiner Ankunft nutzte der gläubige Katholik gleich die Gelegenheit, einen Gottesdienst in der Kirche St. Georg mitzuerleben. „Das ist wirklich faszinierend, wenn ich mir vorstelle, dass meine Vorfahren auch schon hier zur Schule gegangen sind“, erzählt der Amerikaner, während er mit großen Augen an der Pfarrkirche entlanggeht.

Die Messe in der St. Georg Kirche in Vreden war eines der Highlights für den US-Amerikaner.© Luca Bramhoff

 

Durch diese Reise habe William Terwort das Gefühl, seiner Familie nähergekommen zu sein. „Alle hier sind so nett und offenherzig“, beschreibt er die Vredener. „Das sind Eigenschaften, die auch in unserer Familie immer weitergegeben wurden. Jetzt weiß ich endlich, woher das kommt.“ Wohl auch diese Art der Vredener habe dazu geführt, dass sich der 50-Jährige von Anfang an willkommen in Vreden fühlte. „Man merkt einfach, was für eine starke Gemeinschaft hier zusammenlebt und das strahlen die Menschen aus“, fügt er hinzu.

Nun bleiben nur noch wenige Tage seines Aufenthalts in Vreden übrig und „Will“ Terwort versucht jeden Moment in sich aufzusaugen. „Das ist eine der schönsten Reisen, die ich jemals unternommen habe“, fügt hinzu und schlendert dabei durch die historische Hofanlage im Stadtpark. „Vreden fühlt sich jetzt schon wie meine Heimat an.“

Auf dem Weg zurück ins Hotel wird der Amerikaner melancholisch. So schnell werde er Vreden wohl nicht wieder sehen. Doch das sei am Ende gar nicht so schlimm. Denn er trage die Stadt jetzt in seinem Herzen. „Ich bin ein Vredener“, sagt William Terwort in bester Kennedy-Manier und verabschiedet sich mit einem breiten Lächeln in Richtung Hoteleingang.

 

 

Auch ein Besuch beim Vredener Bürgermeister Dr. Tom Tenostendarp (links) war Teil der Reise von William Terwort.© privat

 

Münsterland-Zeitung 19.09.2024 

 

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