Dorsten-Holsterhausen. Alfred Efting hat sich durch Kirchenbücher, Melde- und Taufregister, Auswanderungs- und Schifffahrtslisten gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren forscht er über Auswanderer aus dem Münsterland.

Hört man dem aus Gescher gebürtigen und seit 30 Jahren in Dorsten-Holsterhausen lebenden 67-jährigen Rentner und Familienforscher Alfred Efting zu, wenn er über das südliche Küstengebiet Brasiliens spricht, einer kleinen  Ecke des großen Lands, in dem zum Teil noch westfälisches Platt gesprochen wird, hat man die Bilder vor Augen, wie vor 150 Jahren Auswanderer aus dem trockenen Münsterland in den feuchten Regenwald des Subkontinents auswanderten. Alfred Efting erforscht dieses Thema seit mehr als 15 Jahren. Sein Traum ist es, irgendwann selbst nach Brasilien zu fliegen, nicht als Auswanderer, sondern als willkommener Freund.

 

Alfred Eftings Forschungsarbeit findet Niederschlag in den in Brasilien veröffentlichten Familienbüchern.

Dort hätte er viel zu tun. Im Lauf seiner Forschungsarbeit über Auswanderer aus dem Münsterland nach Brasilien und deren familiäre und berufliche Fortentwicklung unter dem Äquator hat Efting Hunderte von Kontakten geschlossen, von denen sich viele durch Briefe, E-Mails, durch den Austausch von Fotos und Dokumenten, durch Telefonaten über Jahre hinweg aufrecht erhalten haben.

Bislang hat Alfred Efting 1400 Namen von Auswanderern aus dem Münsterland zwischen 1860 und 1863 herausgefunden. Eins freut ihn jetzt besonders: Seine Forschungsarbeit, die er zusammen mit Martin Holz aus Gescher in münsterländischen Archiven und Familien, in Bibliotheken und auf Friedhöfen unter Hinzuziehung von Kirchenbüchern betrieb, zeigt in Brasilien Erfolge. In diesem Jahr ist wieder ein Buch mit seinen Forschungsergebnissen in Porto Alegre erschienen, das die Geschichte der aus dem Münsterland ausgewanderten Familie Dirksen mit Namen, Fakten und Jahreszahlen auf 216 Seiten detailliert schildert – natürlich auf Portugiesisch: "Dirksen. Historia de una familia". In den letzten Jahren sind ähnliche Bücher über die Familie Philippi und über die westfälischen Familien in der "Colonia Alema Theresópolis 1860 bis 1910" erschienen, die auf Eftings Recherchen basieren und die Auswanderungsgeschichte von westfälischen Köttern und Priestern und deren Fortsetzungsgeschichte in Brasilien mit Namen, Fakten und Fotos enthält.

Wenn Efting am Telefon mit seinen brasilianischen Freunden, den Nachfahren der Auswanderer, spricht, dann ist das münsterländische Platt die Verständigungssprache. Etliche der Nachfahren der Westfalen sprechen diese deutsche Sprache, die sie von ihren Großeltern und Eltern her kennen, immer noch. "Für die meisten dieser ab 1860 ausgewanderten Familien war Brasilien gar nicht das Ziel", erzählt Alfred Efting, "sondern Nordamerika. Aber durch den amerikanischen Bürgerkrieg wurden die Auswandererschiffe nach Brasilien umgeleitet."

Leicht hatten es die Münsterländer in Südamerika nicht. Die alte Einwanderer-Weisheit galt auch dort: "Dem ersten der Tod, dem zweiten die Not, dem dritten das Brot!" Allerdings wurde das Schicksal erleichtert, denn viele Geistliche wurden von ihren Bischöfen nach Brasilien geschickt, um zu missionieren und die Einwanderer seelsorglich zu betreuen. So stieß Alfred Efting immer wieder auf Ordens- und Weltpriester und auch auf brasilianische Bischöfe, die von münsterländischen Auswanderern abstammen. Vorfahren des 1921 in Brasilien geborenen Kardinals Paulo Evaristo Arns stammen aus Holtwick-Hegerort, die gleichzeitig auch Vorfahren des 1939 geborenen Bischofs von Sao José dos Campos im Bundesstaat Sao Paulo, José Nelson Westrupp, sind.
Umgangssprache Plattdeutsch

Das war unbekannt, bevor Alfred Efting und Martin Holz dies herausgefunden hatten. Wilhelm Friedrich Clemens Roer war der erste Missionspfarrer von Therésopolis im Bundesstaat Santa Catarine, der 1822 in Münster geboren wurde, Kaplan wurde und 1860 nach Brasilien ging. Dort starb er 1891.

Auch zeichnete Efting den Lebensweg des Kaplans Friedrich Tombrock nach, der 1895 sein beschauliches Leben in Gescher aufgab um als Missionar in das unsichere Brasilien zu gehen. Da war er gerade 31 Jahre alt. Er arbeitete zuerst in einer Missionsstation mit einer angegliederten Schule, wo das Plattdeutsche Umgangssprache der "brasilianischen Westfalen" war. Dann wurde er Pfarrer in Braco so Norte, betreute 18 Kapellen, die weit verstreut in seinem Pfarrbezirk lagen, kümmerte sich um den Aufbau und den Unterricht der deutschen Schule, wurde Prälat und starb 1957 im Alter von 93 Jahren.

Auch wenn Alfred Efting seine Forschungsarbeiten jetzt so gut wie abgeschlossen hat, Zeitungen und Zeitschriften im ganzen Münsterland über ihn und seine Arbeit geschrieben haben, so ruht er sich nicht auf den Lorbeeren aus. Mit seiner erarbeiteten Kartei mit 4000 Namen, Daten und Anschriften von ausgewanderten Münsterländern und deren Nachfahren in Brasilien hat er eine Fundgrube, die von Familienangehörigen in Brasilien immer wieder gern genutzt wird, um andere Familienangehörige in Brasilien zu finden.

Unlängst hörte er den Namen des brasilianischen Fußball-Weltstars Rivaldo. Da er gerade an der Biografie des Missionspfarrers Wilhelm Roer aus Münster arbeitete, der im brasilianischen Urwald missionierte, erinnerte sich Efting sofort. Denn der Name war ihm bekannt. Er sah seine Listen durch und entdeckte, dass Rivaldo münsterländische Wurzeln hat. Sein Ur-Ur-Urgroßvater Stefan Bröring, Gastwirt in Südlohn,  wanderte 1860 nach Brasilien aus. Seine Tochter Maria Mathilde, Ur-Ur-Großmutter des Fußballstars, heiratete in Porto Alegre den Brasilianer Joao Fereira. Und Rivaldo heißt bürgerlich Vitor Borba Fereira und wusste nur, dass er westfälische Vorfahren hat. Ob Fußballer, Kötter, Professor, Familienforscher, Missionar oder Bischof. Alfred Efting hilft: "Es macht Spaß, wenn man anderen Leuten helfen kann."

Text: Maria Nienhaus | Foto: Maria Nienhaus in Kirche+Leben     28.03.2011

Anmeldung

Wer ist online?

Heute 124

Gestern 255

Woche 800

Monat 4.654

Insgesamt 512.996

Aktuell sind 7 Gäste und keine Mitglieder online