Eine alte Ledertasche, ein Wehrpass und ein rätselumwobener Urgroßvater
HALTERN Eine alte, schwarze Ledertasche hat Stephi und Thorsten Priesner dazu gebracht, nach ihren Vorfahren zu suchen. Über 100 Stunden haben sie bereits in die Arbeit investiert. Doch einige Geheimnisse bleiben.
HALTERN Eine alte, schwarze Ledertasche hat Stephi und Thorsten Priesner dazu gebracht, nach ihren Vorfahren zu suchen. Über 100 Stunden haben sie bereits in die Arbeit investiert. Doch einige Geheimnisse bleiben.

Franz und Johanna Strickling, geborene Köster. Foto: Horst Lehr
Die eigene Identität zu finden ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen. Dabei ist einer der wichtigsten Impulse die Frage nach der eigenen Herkunft.
Diesen Antrieb haben auch Stephi und Thorsten Priesner aus Haltern. Sie wohnen heute in dem Haus, das ihre Großeltern gebaut haben. Nach dem Einzug fanden sie in einer abgegriffenen schwarzen Ledertasche alte Familienunterlagen und das Stammbuch der Großeltern. Nach Sichtung der Unterlagen kam die Idee auf, sich näher mit der Familiengeschichte zu befassen und einen Stammbaum zu erstellen. Nachdem alle bekannten Namen, Geburts- und Sterbedaten der Familie erfasst waren, gelang das beim Familienzweig der Ehefrau relativ schnell.
„Bei meinem Urgroßvater gibt es nur ein schwarzes Loch“
Ehemann Thorsten hatte es da schon wesentlich schwieriger: „Bei meinem Urgroßvater gibt es nur ein schwarzes Loch.“ Alles was er von ihm hat, ist die Heiratsurkunde von 1919 und eine Genehmigung zum Wiederaufbau mit Kriegsende für das Gebäude in der Lippstraße 12. Dort betrieb Urgroßvater Franz Strickling vom 1. September 1907 bis zum 31. Dezember 1951 das „Café Strickling“.
Ehemann Thorsten hatte es da schon wesentlich schwieriger: „Bei meinem Urgroßvater gibt es nur ein schwarzes Loch.“ Alles was er von ihm hat, ist die Heiratsurkunde von 1919 und eine Genehmigung zum Wiederaufbau mit Kriegsende für das Gebäude in der Lippstraße 12. Dort betrieb Urgroßvater Franz Strickling vom 1. September 1907 bis zum 31. Dezember 1951 das „Café Strickling“.
Getragen von einigen alten Familiengeschichten, die noch in Erinnerung geblieben sind, wie zum Beispiel der Besonderheit, dass im damaligen Café die „Berliner“ nur mit Aprikosen statt der sonst üblichen Erdbeermarmelade gefüllt wurden, konzentrieren sich die Aktivitäten der Ahnenforscher momentan auf diesen Betrieb, der im Volksmund wohl auch „Café Piss“ genannt wurde. Eine weitere Kuriosität, für die es aktuell noch keine Erklärung gibt, die aber durchaus bei der weiteren Recherche noch nützlich sein kann.
Mit dem vorhandenen Lehr- und Gesellenbrief ist gesichert, dass Karl, der Sohn von Franz, im elterlichen Betrieb eine Bäckerlehre gemacht und danach bei der Eisenbahn Arbeit gefunden hat. Dies belegt auch eine Urkunde zum späteren Dienstjubiläum des Eisenbahners Karl. Von ihm gibt es auch einen Wehrpass. Dazu hat die Suche noch zwei alte Sparbücher mit geringen Reichsmarkguthaben erbracht. „Damit wurden zwar schon einige offizielle Dokumente gefunden“, sagt Thorsten Priesner, „aber nichts davon hat wirklich Licht in die Vergangenheit von meinem Urgroßvater gebracht“.

Familie Priesner ist auf der Suche nach ihren Ahnen. Foto: Horst Lehr
Mehr als 100 arbeitsintensive Stunden liegen hinter ihnen
Mittlerweile haben die Eheleute schon mehr als 100 arbeitsintensive Stunden damit verbracht, persönlich und auch in zur Verfügung stehenden Onlineportalen nach weiteren Informationen zu suchen. Nach vielen Familiengesprächen mit Cousinen und Großtanten wurde die Suche im Bekanntenkreis auch auf mögliche Nachbarn oder Besucher des Cafés ausgedehnt.
Mittlerweile haben die Eheleute schon mehr als 100 arbeitsintensive Stunden damit verbracht, persönlich und auch in zur Verfügung stehenden Onlineportalen nach weiteren Informationen zu suchen. Nach vielen Familiengesprächen mit Cousinen und Großtanten wurde die Suche im Bekanntenkreis auch auf mögliche Nachbarn oder Besucher des Cafés ausgedehnt.
Termine bei offiziellen Stellen wie zum Beispiel Stadtarchiv, Standes- und Bauamt, Handwerksinnung, Deutsche Eisenbahn und im Zeitungsarchiv brachten leider auch keine neuen Erkenntnisse. Bei der weiteren Suche sahen die Eheleute in den Augen der meisten Gesprächspartner nur Fragezeichen, hatten aber auch mit sich auflösenden Papierdokumenten und alten Handschriften und Schriftarten wie Sütterlin zu kämpfen. Dabei haben sie auch gelernt, dass Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz wohl die Grundvoraussetzungen der privaten Ahnenforschung sind.
Thorsten Priesner, der selbst Eisenbahner in der vierten Generation ist, will zusammen mit seiner Frau weitersuchen. Sie haben die Hoffnung, dass Informationen zu dem Café dabei helfen, das Geheimnis um Urgroßvater Franz und seine Frau Johanna, geborene Köster, zu lüften. Sie sind gespannt, ob jemand ihnen weiterhelfen kann.
Kontakt unter der Telefonnummer 14935.
Münsterland Zeitung 24. Mai 2018