Bestatter stellt Totenzettel aus dem Krieg aus

AMELSBÜREN Die massiven Holzsärge im Bestattungsinstitut von Bernhard Winkelsett in Amelsbüren werden noch in dieser Woche hellen Ausstellungsvitrinen weichen. Mit dem Tod werden die Besucher dennoch konfrontiert. Denn zahlreiche Totenzettel sowie andere Original-Schriftstücke aus der Kriegszeit sind unter den gut 250 Exponaten, die dort an diesem Wochenende ausgestellt werden.Von Inga Tawadrous
Viele Totenzettel, historische Messbücher für Soldaten, zwei Ehrentafeln und viele weitere Schriftstücke und Fotos aus der Kriegszeit stellt Richard Vennemann aus.  (Foto: Inga Tawadrous)

Mit seiner Ausstellung „Trauer, Erinnerung und Dankbarkeit“ möchte Richard Vennemann die Sinnlosigkeit der Kriege und das große Leid, das viele Familien durch die Gewaltherrschaft getroffen hat, deutlich machen. Jahrelang hat der 72-Jährige Totenbriefe, Totenzettel sowie Fotos aus der Kriegszeit gesammelt.

„Immer wieder bringen mir die Leute etwas vorbei“, sagt Richard Vennemann, der in Amelsbüren als Heimatforscher bekannt ist. So hätten ihm Familien nie heimgekehrter Soldaten Erinnerungsstücke anvertraut, die nachdenklich stimmen. Dazu gehört sicher auch ein Brief vom 27. Juli 1943.

„Heldentod“ gefunden

In dem Schreiben erfährt ein Amelsbürener Familienvater, dass sein Sohn auf einem „H.S.-Boot“ bei einem Fliegerangriff am 25. Juli 1943 gegen 6.30 Uhr den „Heldentod“ gefunden habe: „Nehmen Sie unser aufrichtigstes und stolzes Beileid entgegen, wir stehen in einem harten, aber stolzen Kampf, der Opfer fordert, aber auch den Sieg für unser großes, schönes Deutschland bringt“, heißt es in dem Brief.

Neben diesem können die Besucher der Ausstellung auch viele Totenzettel von Amelsbürener Bürgern aus der Zeit von 1920 bis 1960 besichtigen. Sie wurden digitalisiert und können bereits jetzt im Schaufenster des Bestattungsinstituts angesehen werden.

Halber Lebenslauf

„Vom Zweiten Weltkrieg sind die Totenzettel und die Fotos von den Vermissten aus Amelsbüren vollständig da“, sagt Vennemann. Bernhard Winkelsett, Inhaber des gleichnamiges Bestattungsunternehmens, sagt, dass die Totenzettel sich im Laufe der Jahre sehr geändert haben.

„Damals schrieb man darauf einen halben Lebenslauf“, sagt der Bestatter. „Heute beschränkt man sich auf den Namen, dazu gibt es einen Spruch und vielleicht ein Foto“, sagt der 59-Jährige aus Erfahrung.

Anleitung zur Not-Taufe

Etwas besonderes sind auch die zwei Ehrentafeln unter den Exponaten: Darauf sind die gefallenen Soldaten, aber auch diejenigen, die den Krieg überlebt haben, abgebildet. Wer ferner in dem kleinen „Soldaten Messbuch“ aus dem Zweiten Weltkrieg blättert, erfährt, wie auch ein Laie eine Not-Taufe spenden kann. Dies könne im Notfall „irgendeine Person beiderlei Geschlechts“ tun, die „zum Vernunftgebrauch gelegt ist“, heißt es in dem alten Büchlein.

Dass die Ausstellung in den Räumen einer Bestattungsfirma stattfindet, habe mit dem Thema Trauer eher zweitrangig zu tun, sagt Vennemann. Vielmehr gehe es darum, dass die Ausstellung im Erdgeschoss gut erreichbar sei.

Öffnungszeiten:
Die Ausstellung „Trauer, Erinnerung und Dankbarkeit“ ist am Samstag (17. November) von 16 bis 20 Uhr und am Sonntag (18. November) von 9 bis 17 Uhr im Bestattungsinstitut Bernhard Winkelsett (Davertstraße 32) zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.
Quelle: Münsterland Zeitung 21.11.2012